37.Woche – der Weg nach Karaman war mit Hürden gepflastert…

…aber alle Hürden wurden gemeistert, oder haben sich in Luft aufgelöst

37.Woche – 169 km
die Türkei – ein Lehrpfad der Gastfreundschaft

über den heutigen Tag könnt ich ein Buch schreiben…
mit Regen hat es heute angefangen und ein sehr starker Gegenwind blies mir entgegen; mein heutiges Tagesziel war Karadiğin Deresi, wo sich lt Googlemap ein Hotel befinden sollte.
Als der Regen immer heftiger wurde, machte ich eine Čay-Pause und wechselte mein nass gewordenes Hemd; nach einer Stunde liess der Regen nach und ich setzte meine Wanderung fort. Es dauerte einige Zeit, bis ich aus der Stadt Konya draussen war.
Der Regen hörte auf – links von mir kam die Sonne durch, rechts hingen noch immer Gewitterwolken. Es ging jetzt leicht bergauf und der Feldweg war durch den Regen sehr aufgeweicht. Nach 18/19 Kilometern kam ich bei einem Lokal vorbei und dort wollte ich etwas essen und mich ein bisserl aufwärmen. Aber daraus wurden 4 Stunden ‚Aufenthalt‘. Mein geplantes Tagesziel war nur 3 km entfernt und ich fragte den Wirt nach dem Hotel, in dem ich übernachten wollte – darauf sagte der Wirt zu mir: „dieses Hotel gibt’s schon lange nicht mehr“. Jetzt hatte ich ein kleines Problem, nach Kilistra war es zu weit – nochmal 20 km – und in der Umgebung gab es weit und breit keine Unterkunft für mich.
Jemand wollte mich mit dem Auto nach Kilistra bringen – das wäre mein morgiges Tagesziel.
Und so vergingen Stunden, bei der Suche nach einer Lösung…
auch der Wirt telefonierte für mich, um eine Alternative zu finden. Schliesslich kam ein Mann ins Lokal, dieser sprach mich an: „Du kannst mit mir zurück nach Konya fahren, ich muss nur noch eine Lieferung abgeben und dann komm ich zurück“, diesen Lieferanten – Ferdi hiess er – hatte der Wirt durch seine vielen Telefonate ausfindig gemacht;
ich hatte noch Zeit zum Überlegen, aber mir blieb nichts anderes übrig, ich brauchte ein Bett für heut Nacht.
In der Zwischenzeit – bis Ferdi zurückkam – hatte ich Zeit, um nach der Buslinie zu suchen, die mich morgen wieder hierherbringt.
Also fuhr ich mit Ferdi und seinem Lieferwagen wieder zurück nach Konya. Dort musste ich noch ein Hotel finden.
Ich traute meinen Augen nicht: als Ferdi in der Stadt seinen Lieferwagen parkte, leuchtete direkt vor mir der Schriftzug ‚Hotel Bera‘ auf, das war das selbe Hotel, wo ich meine drei Ruhetage verbracht hatte.
Also hab ich dort nachgefragt, ob ich noch eine Nacht mit demselben günstigen Preis bleiben kann – ‚no Problem‘ war die Antwort – manchmal dreht sich das Leben im Kreis –

Bei -3 Grad bin ich heute los – vorerst mit dem Bus zum gestrigen Endpunkt – das heutige Tagesziel sollte Kilistra sein. Über ein Hochplateu war ich unterwegs, ohne eine Menschenseele zu treffen. Es war eiskalt und ich war wieder eingepackt in 4 Schichten, Kappe und Wollhandschuhe – aber alles bei strahlendem, sonnigen Wetter;
in Kilistra angekommen, besichtigte ich die Felsformationen und Höhlenwohnungen – sehr faszinierend. Kilistra ist wahrscheinlich im 2.Jhdt v Chr gegründet worden.
Auf der Suche nach einer Unterkunft war ich nicht erfolgreich, was meinen ‚Stresspegel‘ schlagartig nach oben katapultierte. Jedoch hatte ich wieder Glück im Unglück, jemand brachte mich in den Nachbarort Hatunsaray, wo sich, wie so oft, für mich in einer Teestube das Unterkunftsproblem löste.

Sie haben mich sehr gut versorgt und brachten mir türkische Pizza und dazu eine Buttermilch, das ist türkische Gastfreundschaft…👍👍👍

sie halfen mir mit der Unterkunft

heute früh wurde ich von den Eltern meines Unterkunftsgebers zu einem super Frühstück eingeladen. Danach ging’s bei kalten Temperaturen in Richtung Çumra, ca 40 km;
In der Früh hatte ich für heute noch keine Unterkunft, in der Hoffnung ein Hotelzimmer zu finden – immerhin hat Çumra 70.000 Einwohner.
Unterwegs hatte ich wieder eine Hundeattacke von sieben Kangalen zu überstehen; diese trugen spitzige Eisenhalsbänder, was sehr furchterregend aussah; diese sind zum Schutz gegen Wolfsangriffe.
Es ist gutgegangen, aber danach zitterten mir meine Beine – schön langsam hab ich jetzt genug von Hunden.
Es war wieder ein langer Tag – bei Dunkelheit bin ich am Tagesziel angekommen und steuerte direkt auf das einzige Hotel in der Stadt zu. „Leider ausgebucht“, was mach ich jetzt? Mit dem hab ich nicht gerechnet.
Mein Stresspegel stieg in kürzester Zeit in den Alarmmodus.
So landete ich wie üblich in einer kleinen Teestube, wo sich gerade 3 Männer befanden und ich fragte, ob sie mir bei der Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit behilflich sein könnten. Einer sprach zufällig deutsch, was die Sache natürlich sehr erleichterte.
Die einzige Lösung war wieder nach Konya zurückzukehren, immerhin 44 Kilometer.
Anfangs erschien mir diese Lösung keine Option zu sein, aber allmählich begriff ich den Ernst der Situation.
Musafer, so hiess der Türke der deutsch sprach, war mir dann behilflich, einen Bus nach Konya zu finden.
So landete ich schlussendlich zum dritten Mal im Bera Hotel, wo ich schon einige Tage untergebracht war;
nicht 2 Schritte vor und einen zurück…
…im Leben muss man manchmal zwei Schritte zurück gehen…
im Bera Hotel bekam ich wieder „mein Zimmer“ – Nr 612, und schliesslich gabs ein Wiedersehen in meinem „Stammlokal“ bei Bier und einem guten Abendessen.
Ende gut, alles gut!
Nach diesen Turbulenzen und dem langen Tag heute hab ich entschieden, ich gönne mir morgen und übermorgen zwei Ruhetage, um gelassen in die letzten 2/3 Wochen zu gehen….

den heutigen Ruhetag nutzte ich für einen ausgedehnten Spaziergang durch Konya, ein Marktbesuch war ebenso dabei, wie der Besuch des Mevlana Museums.
Mitten in der Stadt traf ich einen Niederösterreicher, Horst ist mit seinem Wohnmobil in der Türkei unterwegs.
Morgen geht’s dann wieder weiter in Richtung Karaman…

muss die Fortsetzung meiner Wanderung um 1 Tag verschieben, mein Handy ging gestern kaputt; da sieht man erst, wie abhängig man von der Technik ist…
ohne Handy gibts keine GPS-Daten für die Route, keine Orientierung, kein Facebook, keinen Blog, kein Telefon und keine Fotos… viele Hürden in dieser Woche…

jetzt bin ich schon fast Stammgast im
Bera-Hotel und Konya lässt mich einfach nicht los…

abhängig von der Technik

Handy repariert und heute geht’s wieder weiter …
zuerst mit dem Bus nach Çumra, wo ich zuletzt aufgehört hab…

heute startete ich bei wunderschönem, sonnigem Herbstwetter in Çumra, mein Tagesziel war Süleymanhaci, ca 33 km;
es war eine ebene Strecke und ich hatte noch keine Unterkunft, aber ich hatte Vertrauen, wieder ein Bett zu bekommen.
Am Tagesziel angekommen sah ich einige Männer vor der Moschee sitzen, die mich zu sich riefen – sie haben mich ausgefragt, von wo ich bin und wohin ich gehe… – dies hab ich gleich genutzt, um nach einer möglichen Schlafstelle zu fragen; und kurze Zeit später hatte ich ein Bett für mich inklusive Heizstrahler…
Der Imam des Dorfes hat dies für mich organisiert und mich danach zu sich nach Hause zum Abendessen eingeladen.
Als er über den Lautsprecher der Moschee seine Gemeinde zum Gebet aufrief, durfte ich dabeisein.
Nächstes Tag in der Früh wurde ich vom Imam auch zum Frühstück eingeladen, bevor dann für mich eine ‚Bergetappe‘ nach Üçkuyu begann…

Ich kann es fast nicht in Worte fassen, was mir in den letzten Tagen ‚zugefallen‘ ist;
Einladungen, wunderbare Begegnungen, Hilfsbereitschaft – die Türkei ist ein einziger Lehrpfad der Gastfreundschaft…
anders kann ich es nicht ausdrücken!
Gestern fand ich in Süleymanhaci eine Unterkunft in einem Seitengebäude der Moschee bei Imam Ramazan;
er und seine Frau servierten mir heute ein ausgezeichnetes Frühstück, bevor ich meine Etappe in die Berge begann; vor dem Frühstück durfte ich beim Morgengebet der Gemeinde in der Moschee dabeisein.
Es ging noch vor Sonnenaufgang den Berg hoch, die Sonne kam dann allmählich über die Bergspitzen und liess die Temperaturen auf 16/17 Grad ansteigen.
Mein Zwischenziel war das Bergdorf Üçkuyu, vorher jedoch besichtigte ich „binbir kilise“, so wird ein Gebiet bezeichnet, in dem sich etwa 50 byzantinische Kirchenruinen befinden.
In Üçkuyu wurde ich mitten im Dorf von einem Bewohner angehalten und spontan zu einem Kaffee eingeladen; es stellte sich heraus, dass er und seine Frau hier in diesem Ort immer wieder JerusalemwayPilgern eine Unterkunft zur Verfügung stellen.
Circa 5 Kilometer nach Üçkuyu sah ich links von mir ein Ehepaar den Berg runter kommen. Unsere Wege kreuzten sich und wir kamen ins Gespräch – beide waren ursprünglich aus der Türkei, leben aber schon seit 40 Jahren in Holland und sind jetzt 2 Monate auf Heimaturlaub. Güner, so hiess er, und seine Frau, luden mich in das Haus seines Vaters auf einen Kaffee ein, welches sich unmittelbar oberhalb des Dorfes Madensehri befand.
Wir verstanden uns sehr gut und tauschten unsere Telefonnummern aus.
Wieder eine sehr herzliche Begegnung …
Nach 8 Stunden traf ich an meinem Tagesziel Kilibasan ein und fragte in einem Geschäft nach einer möglichen Unterkunft.
Leider ‚Fehlanzeige‘.
Also ging ich in eine Teestube, dort lösten sich für mich bisher alle Unterkunftsproblembleme in Luft auf.
Und tatsächlich schien es wieder zu funktionieren: in dieser TeeRunde wurde ich wieder ausgefragt von A – Z;
Ali, so hiess er, sagte mir: „bei uns im Dorf wird das Gästezimmer bei der Moschee gerade renoviert, eine Übernachtung ist leider nicht möglich, aber ich bringe Dich mit meinem Auto nach Karaman in ein Hotel“, das waren seine spontanen Worte und für mich die Lösung, die ich nicht erwartet hatte.
20 Kilometer waren es nach Karaman…
Nach einer halben Stunde war ich in einem Hotel im Zentrum der Stadt Karaman.
Nicht nur dass er mich so weit gefahren hat, Ali wollte mir auch noch die Übernachtung bezahlen, was ich natürlich nicht angenommen hab.
Wie ich eingangs erwähnt hab, ich kann das alles schwer in Worte fassen – die Türkei ist für mich ein Lehrpfad der Gastfreundschaft!

und nun wieder der Wochenrückblick als Video zum Anklicken:

Wochenrückblick: 37.Woche
bis nächste Woche

6 Kommentare zu „37.Woche – der Weg nach Karaman war mit Hürden gepflastert…

  1. Na dann war diese Woche wohl ein bisschen stressig für dich,trotzdem hast du alles mit Bravour geschafft. Für die nächsten Wochen wünsche ich dir wieder mehr Normalität bei der Unterkunftssuche. Liebe Grüße

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      1. Lieber Freund,
        Wie ich so lese hast du sehr harte Tage in der Türkei. Das mit den Kangalen ist ja des öfteren gefährlich. Ich hoffe diese Gastfreundschaft bleibt und du kannst die letzten Wochen gesund hinter dich bringen. Für mich bist du ein Phänomen, das könnte ich niemals auf mich nehmen. Stolz auf dich lass ich dir auf diesem Weg nur das Beste wünschen.

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  2. einfach nur WUNDERBAR. diese Erinnerungen, Freundschaften und lieben Menschen wirst du nie vergessen. Lass es dir weiterhin gut gehen bis zum Ziel und geniese jede schöne Begegnung, herzlichst Susanne

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